Frühling

Mir ist schwindelig. Muss mich setzen. Atmen. Ruhig. Ein und Aus. Mein Puls schlägt schnell. Mein Herz rast. Ich habe Dich gesehen. Dich all die Zeit nicht gesehen. Dich im Alltag fast vergessen. Nur hin und wieder gedacht ich würde Dich auf der Strasse sehen. Aber es war am Ende immer nur eine Verwechselung.

Du bist schon lange aus meinem Leben verschwunden. 1,5 Jahre ist es her als ich Dich das letzte Mal gesehen habe. 

Bis heute.

Mir ist übel. Was machst Du hier? Warum ausgerechnet hier? Das ist mein Ort, war es schon immer. Du hast hier nichts mehr verloren. Das war früher einmal anders. Damals habe ich es geliebt Dich hier zu sehen. Dich geliebt. Obwohl ich heute weiß, dass Du das Schlechteste war, was mir passieren konnte.

Heute weiß ich dank vielen Gesprächen, vielen Texten, Worten, dass Du toxisch bist. Ich konnte es lange nur schwer beschreiben, hatte kein Wort, keinen Begriff dafür.

Toxisch. Giftig. Zerstörend.

Es benennen zu können hilft. Es macht nichts Geschehens wieder gut, auch nicht leichter. Aber es hilft. Es hilft anderen Menschen zu erklären was mit mir passiert ist. Wer es nicht erlebt hat, kann es häufig nur schwer nachempfinden. 

Aber die meisten haben Verständnis. Oder versuchen es. 

Du hast mich vergiftet. Von Anfang an. Solange wollte ich nicht wahrhaben, dass Du mir nicht gut tust. Als ich es realisiert habe war es schon zu spät. Ich habe mich selbst nicht mehr erkannt.

Wenn ich in den Spiegel sah, sah ich ein vertrautes Gesicht. Doch eine andere Seele. Ich habe vermieden mir selbst in die Augen zu schauen. Zu offensichtlich war es. Zu schmerzend. Wie hätte ich mir selbst, meinem Ich, erklären sollen was hier passiert, was ich mit mir geschehen lasse.

Für mein Umwelt war es leicht Dich nicht zu mögen. Leicht zu sagen ‚Löse Dich. Er tut Dir nicht gut.‘ Und ich konnte es nichtmal mit einer lockeren Handbewegung wegwischen. Ich konnte ihnen immer nur Recht geben.

Und Du wusstest immer was Du mir antust. Du hast mich nie physisch verletzt. Es war an vielen Tagen nach aussen nicht sichtbar. Doch irgendwann kommt der psychische Schmerz an die Oberfläche.

Sichtbar für alle.

Mein Puls wird ein wenig ruhiger. Atmen. Ein. Aus. 

Ich versuche Dich zu ignorieren, meine Gedanken zu sortieren. Welcher Tag ist heute? Vögelgezwitscher. Stimmen.

Sonnenstrahlen. 

Ich atme lange und tief ein. Und dann stehe ich auf. 

Schüttel die nächtliche Begegnung mit Dir ab. Es wird noch eine Weile dauern, bis die tiefen Wunden gänzlich vernarbt sind.
Aber heute wird ein guter Tag. Ich kann den Frühling schon riechen.
Neuanfang. Immer wieder.