Verkatert.

Es ist bereits mittags, doch die Stadt schläft noch.

Alles ist heute in komisches Licht getaucht, das Wetter drückend. Der Himmel verhangen und trotzdem so warm. Es scheint als wäre niemand unterwegs.

Als hätten sich alle und alles noch ein wenig zurückgezogen, um die Wirkung der letzten Nacht zu verarbeiten.

Es war dieser unglaublich warme Sommertag. 

Einer der ersten Tage unserer zurückgewonnenen Freiheit. Die Stadt war in goldenes, pinkes Licht getaucht, der Asphalt war warm.

Jeder Tisch war besetzt, jede Bank belegt.

Menschen. So viele wie ich sie zu Hauf das letzte Mal vor langer Zeit gesehen habe.

Es war ein besonderes Gefühl.

Ich befand mich irgendwo zwischen dem Drang unbedingt Gesellschaft zu wollen und in Einsamkeit zu vergehen.

Ich ging durch die Straßen atmete die Luft in meinem Kiez, fühlte mich so wohl und so einsam wie schon lange nicht mehr zur gleichen Zeit.

Stimmen, Lachen, klirrendes Geschirr.

Ich konnte sehen wie jeder und jede dieses bisschen Freiheit ersehnt hat. Die Abendsonne spüren wollte, das Leben genießen musste.

Viel zu lange waren wir hinter unseren verschlossenen Türen, in unseren vier Wänden gefangen.

Es war laut. Überall. 

Heute ist die Stadt ruhig. Müde. Wie nach einer wirklich langen Nacht. Nach der besten Party. Erschöpft. Und doch irgendwie zufrieden.

Und auf einmal spürt man sie wieder. Die Leere. Am nächsten Tag. Am nächsten Morgen. 

Und all das nur der Startschuss für eine Rückkehr in die Zukunft. Für ein voranschreiten in alte Muster.

Für das immer wieder erwartungsvolle entgegenblicken der nächsten Nacht.

Den Sommer vor Augen und den Schweiß auf der Oberlippe.

Losgelöst und gefangen.

Der Rausch. Die Wiederholung. Das Gefühl danach.

Wir können nicht aufhören. Mussten wir es doch viel zu lange.

Und so spiegelt die Stadt nur unser Gefühl wieder.

Verkatert.